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Mario Pramberger Unternehmenshandwerk

Gedanken eines Jungunternehmers

Vor 1,5 Jahren habe ich mein Unternehmen gegründet. Voller Euphorie – hinein in eine Hochphase des Dienstleistungssektors. Das erste Kalenderjahr 2019 war noch durchwachsen, hat aber schon gut funktioniert. Die ersten Produkte fingen an, am Markt bekannter zu werden und zu „funktionieren“. Die Jahresplanung konnte, unterm Strich, noch fast auf den Euro genau erreicht werden. 2020 fing grandios an. Die Buchungslage wurde besser und besser, ich war schon kurz davor zu planen, was ich alles investieren könnte. Dann hörte ich die ersten Male was vom Corona-Virus und von den Auswirkungen auf die Wirtschaft, … all das was da im fernen China passiert! Familienmitglieder, die in exportorientierten Betrieben arbeiten, erzählten plötzlich von ganz neuen wirtschaftlichen Herausforderungen. Ich dachte mir da noch, „schwierige Situation für die Exportbetriebe, aber kein Thema für die regionale Wirtschaft – schon gar kein Thema für mich.“ Ein paar Tage danach wurde der erste Termin bei mir im Kalender storniert. Weitere Tage später war der Kalender plötzlich für Wochen leergefegt. Meine beiden Kinder sind nun von der Schule zu Hause, ebenso meine Frau im Homeoffice. Eine komplette Lebensumstellung von heute auf morgen. Ausgangssperre für Wochen. Kein Einkommen – ebenfalls für Wochen. Sogar der übliche 3er Schnapser am Sonntag mit der Oma muss nun ausbleiben. Am schmerzhaftesten sicher für die Oma die bald 90 wird. Und kein genaues Datum in Sicht, wann es wieder anders wird.

Viele Fragen geistern im Kopf herum. Durch den Austausch mit Gleichgesinnten/Gleichbetroffenen werden manche Fragezeichen kleiner, aber es entstehen auch neue. Ich lerne in diesen Tagen zahlreiche neue Online-Tools kennen und die dazugehörigen Verhaltensregeln in effektiven Online-Meetings. Wie oft hab ich gehört – Homeoffice und Online-Konferenzen funktionieren nicht – das wurde innerhalb kürzester Zeit wiederlegt. Ja wie oft habe ich im unternehmerischen Umfeld in der Vergangenheit gehört, das geht nicht aus diesem Grund und das kann man nicht machen aus jenem Grund. Jetzt wurde auf einmal so viel möglich. Klar hätten wir uns alle eine andere Situation gewünscht, aber es ist fast wohltuend zu sehen, wie anpassungsfähig wir doch immer wieder sind! Das könnte doch was sein, was man sich für danach mitnehmen könnte.

Die Pause nutzen – hört man oft in diesen Tagen. Ich nutze sie für meine Familie, übe mich als Lehrer, nutze die Tage für eine echte Pause, für tolle Podcasts und für spannenden Lesestoff, wie der neuesten Kolumne von Matthias Horx. Mir gefällt was ich da lese. Der weitere Verlauf unseres gemeinsamen Lebens wird sich ab sofort ändern. Diese kollektive Situation verändert unser Denken. Wenn ich mir das so überlege, freue ich mich drauf. Es war sowieso vieles schon ziemlich verrückt. Ich würde mich freuen, wenn beispielsweise das Kaufverhalten wieder regionaler wird, wenn unser Zusammenarbeiten wieder intensiver und auch ehrlicher wird und wenn unsere schöne Naturregion vom verringerten Verkehrsaufkommen, auf Straßen und in der Luft, langfristig profitieren kann! Ja, hoffentlich nicht nur unsere Region.

Ich nutze diese Phase natürlich auch für strategische Überlegungen meiner persönlichen unternehmerischen Zukunft. Als Strategieberater wäre ich wohl verkehrt am Markt, wenn ich das nicht machen würde. Was können UnternehmerInnen aus dieser Situation lernen? Wie könnte ein Reflexionsprozess von Unternehmerinnen und Unternehmern gemeinsam mit ihren Teams aussehen? So, dass man gemeinsam überlegt, was kann man aus dieser Situation lernen? Was wollen wir übernehmen und beibehalten?

Schnell haben wir gesehen, wie viele neue Dienstleistungen innerhalb von Tagen notwendig und auch möglich wurden. Ich glaube das ist erst der Beginn. Wir sollten diese Situation als Chance nutzen.

Bleibt die Frage – ab wann geht es wie wieder weiter?